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Berthold Otto
6. August 1859 - 29.
Juni 1933

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Berthold Otto wurde am 6.8.1859 auf
Gut Bienowitz in Schlesien geboren.
Die Familie übersiedelte 1864
nach Rendsburg. Berthold Otto besuchte ab 1867 dort
erstmals eine öffentliche Schule. Wegen einer
Lungenerkrankung wurde er häufig vom Schulbesuch
beurlaubt.
1873 zog die Familie Otto nach Schleswig,
wo Berthold das Gymnasium besuchte und dieses 1878
mit dem Abitur abschloss.
1878 – 1879 studierte Otto in
Kiel Klassische Philologie, semitische Sprachen und
Philosophie.
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Er wechselte nach Berlin
und erweiterte seine Studien um die Fächer Nationalökonomie
und Finanzwissenschaft. Bei Steinthal und Paulsen hörte
er Vorlesungen über Psychologie und Pädagogik.
Da seine Doktorarbeit über den
Liberalismus von der Kommission nicht akzeptiert wurde,
verließ er 1883 die Universität ohne Abschluss.
Bis 1884 war er als Privatlehrer in
Herne / Westfalen tätig, danach bis 1887 in Berlin.
Seine Überzeugung, die Kinder selbst entscheiden
zu lassen, was und wie sie lernen wollen, festigte sich
während dieser Zeit. 1887-1890 arbeitete Otto als
Nachtredakteur beim "Hamburger Korrespondenten". |
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Als
die Gründung einer Familie einen regelmäßigen
Broterwerb nötig machte, ging er als Redakteur nach
Leipzig zum Brockhaus-Verlag. Berthold Otto nahm an Artur
Schulz' Tagungen für Erziehung in Weimar teil, hielt
Vorträge über die Reform der Schule, arbeitete
an seinem Werk über die Zukunftsschule, wie er sie
sich vorstellte. |
Bis 1893 wurden fünf Kinder geboren.
Von Anfang an war er "fest entschlossen, sie
nie einem anderen zum Unterrichten anzuvertrauen",
wie er 1926 in "Mein Werdegang" schreibt. |

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Erst nach
einigem Hin und Her erhielt er die Genehmigung, seine
Kinder selbst zu unterrichten.
Die Erfahrungen
bei der Erziehung seiner Kinder flossen zusammen mit
den Erkenntnissen und Beobachtungen aus seiner Privatlehrer-Tätigkeit
in seine Pädagogik ein.
Otto gab
eine eigene Wochenschrift heraus, den „Hauslehrer”.
Hier gab er Eltern, Lehrern und Erziehern Anregung,
wie man Themen aller Art allgemein verständlich
behandeln könne. Eltern, von Ottos Schriften
und Vorträgen angeregt und überzeugt, forderten
ihn auf, seine Erkenntnisse doch in einer eigenen
Schule umzusetzen.
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In Berlin erregten seine
Gedanken Aufmerksamkeit. Ministerialdirektor Althoff,
zuständig für höheres Schulwesen und die
Universitäten in Preußen, bot Otto an, in Berlin
ohne Auflagen an seinen Ideen weiter zu arbeiten: |
"Auf den 'Hauslehrer' wurde
das preußische Kultusministerium aufmerksam. Mir
wurde dasselbe Einkommen, das ich bei Brockhaus bezog,
als 'Beihilfe' für meine literarischen Bestrebungen
zugesichert, und ich konnte, von 1902 an nach Lichterfelde
übergesiedelt, mich ganz der wissenschaftlichen und
praktischen Betätigung meiner Bestrebungen widmen.
Der Unterricht meiner Kinder konnte jetzt mehr Raum einnehmen;
es traten gelegentlich auch andere Teilnehmer hinzu. Wie
weit wir kamen, geht daraus hervor, dass meine älteste
Tochter die Aeneis und den Livius, die sie für den
'Hauslehrer' in der Sprache der Zehnjährigen erzählte,
dazu im Urtext durchlas; ebenso die Odyssee im Jahre 1904
in vierzehn Tagen. Durch den 'Hauslehrer' wurde der Zudrang
zu meinem Unterricht immer stärker und führte
schließlich zur Begründung der Schule." |
In seiner Denkschrift
über Entstehung, Zweck und Entwicklungsmöglichkeiten
der Berthold-Otto-Schule (1922) erinnert sich Otto:
"Am 23. April 1906 gab ich
17 Schülern die erste Gesamtunterrichtsstunde,
die für meine eigenen Kinder nichts war als eine
Fortsetzung unserer Tischgespräche." |
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Informationen zur Geschichte
der Schule finden Sie hier.
Näheres zur Pädagogik Berthold
Ottos erfahren Sie hier. |
Am 9. Januar 1911 zog die
Berthold-Otto-Schule in einen Neubau an der Holbeinstraße,
wo sie sich bis heute befindet. |
Neben seinen pädagogischen
Interessen beschäftigte sich Berthold Otto mit allen
aktuellen Themen seiner Zeit, wie insbesondere sein umfangreicher
Nachlass an sorgfältig durchgearbeiteten Tageszeitungen
zeigt. Dem technischen Fortschritt stand er aufgeschlossen
gegenüber, fuhr z.B. 1913 mit dem Zeppelin und ist
auf mehreren Fotos mit einem modernen Diktiergerät,
dem Parlographen, zu sehen. |

Berthold Otto: 2. v.l.
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Berthold Otto nahm am Leben
des deutschen Volkes in Krieg und Frieden engsten Anteil.
Wie bei vielen anderen saß der Schock über
den Ausgang des Ersten Weltkrieges auch tief in ihm, nicht
zuletzt da bereits 1914 sein Sohn Richard gefallen war.
Otto sah das Gelddenken als einen Krebsschaden an der
Wirtschaft an und entwickelte eine bargeldlose "Kriegsrechenwirtschaft”,
die verfügbare Produktion und Verteilung dieser regeln
sollte. |
Seine Bedeutung und seine Verdienste
liegen jedoch unbestritten auf dem Gebiet der Pädagogik.
Die Sorge um den Fortbestand seiner Schule veranlasste
ihn dazu, dem Preußischen Kultusministerium gegenüber
ausdrücklich seine Tochter Irmgard Meyer als Nachfolgerin
zu benennen: |
"Niemand anders kann diese Schule
so vollständig in meinem Sinne leiten wie sie ...
weit mehr als an meinen Büchern liegt mir an der
lebendigen Fortsetzung meines Werkes ..." |
Berthold Otto starb am 29.06.1933. Sein
Grab auf dem Parkfriedhof in Berlin-Lichterfelde wird
von der Schule gepflegt. |

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Diese Zusammenfassung der Biografie Berthold
Ottos stammt zum Teil von seinem Enkel und langjährigen
Schulleiter, Herrn Edzard Paulsen (†), und wurde auf
der Grundlage des Katalogs einer Ausstellung über Berthold
Otto 2007 überarbeitet: Berthold Otto - "Meine Schule
war und ist die freiheitlichste der Welt" Hg. Bibliothek
für Bildungsgeschichtliche Forschung des Deutschen
Instituts für Internationale Pädagogische Forschung.
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