Am 6. August 2025 jährte sich der Geburtstag unseres Gründers zum 166. Mal. Aus diesem Anlass präsentieren wir einen Geburtstagsgruß, den eine liebe Nachbarin für ihn verfasste und online veröffentlichte. Der Text von Frau Gebauer wird illustriert mit Fotos der BOS.
Unsere prominenten Nachbarn. Berthold Otto
Ein Gastbeitrag von Rosemarie Gebauer, August 2025 – Fotos: BOS

Ja, ihrer Tochter gefiele es sehr gut in der Schule, schreibt mir eine Nachbarin. Mit der Schule ist die Berthold-Otto-Schule in der Holbeinstraße gemeint. Weiter schreibt sie: „Toll ist, dass die Klassen so klein sind und jeder jeden kennt. So fühlen die Kinder sich in einem sicheren Rahmen. Außerdem gibt es das Unterrichtsfach Glück in manchen Klassen und außerdem zwei Schulhunde (ein dritter wird auf seinen Schuleinsatz vorbereitet, wie mir der Hausmeister verriet, R.G.). Dazu sind die Schulstunden kürzer und es wird sehr viel Wert auf Kreativität gelegt. Alles in allem ein super Konzept. Eine Schule mit einer tollen Atmosphäre!“



Diese Schule wurde vor 119 Jahren, 1906, von Berthold Otto gegründet. Über diesen Reformpädagogen, der am 6. August 1859, also vor 166 Jahren, in Schlesien geboren wurde, erinnere ich anlässlich seines Geburtstages am vergangenen Mittwoch.
Schlimme Erfahrungen hatte er 1864 – 1868 mit seiner ersten Schule, einer öffentlichen, gemacht. Häufig musste er wegen Kränklichkeiten vom Unterricht befreit werden.
Offizier werden, wie sein Vater es wollte, kam für den späteren Jahrgangsbesten der Domschule in Rendsburg nicht in Frage. Er wollte Hochschullehrer werden, studierte alles Mögliche, doch seine Promotion über Liberalismus wurde abgelehnt, da sich diese mit der Meinung des „gemeinen Volkes“ beschäftige.
Umwege über die Tätigkeiten als Privat- und Nachhilfelehrer sowie Redakteur – auch im Brockhausverlag – mussten gegangen werden.

Mit 28 Jahren heiratete er die Tochter des Philosophen Rudolf Pannwitz. Vier Töchter erweiterten die Familie. Seiner Tochter Irmgard übergab Berthold Otto im Jahr 1930 die Leitung der Schule. Doch seine Reformschularbeit führte Otto weiter aus.
Als das preußische Kultusministerium auf ihn aufmerksam wurde, zog die Familie 1902 nach Berlin. Dank der finanziellen Unterstützung durch das Kultusministerium konnte er sich ganz auf seine pädagogische Arbeit konzentrieren und 1906 die Hauslehrerschule in Lichterfelde gründen. Nach Berthold Otto ist „in jedem Kind der Trieb nach dem ihm möglichen geistigen Wachstum vorhanden und wirksam“, daher sei es wichtig, das Kind bei seinen eigenen Bedürfnissen abzuholen und entsprechend zu fördern.





Es erschienen wichtige Werke von ihm ab 1910, 1918 das gewichtige Werk „Mammonismus, Militarismus, Krieg und Frieden“, in dem es um das gierige Streben nach Reichtum ging. Eines seiner wichtigsten Anliegen war die Abschaffung des Geldes. Geld sei der größte Machtfaktor im Staat und spalte das Volk.
Jedes Kind solle als eigenständige Persönlichkeit ernst genommen werden; es hat immer das Recht zu fragen, um zu neuem Wissen zu gelangen. Egal, wie diese Fragen lauten, müssen diese von Erwachsenen ernst genommen werden. Wenn ein Kind das Gefühl hat, dass seine Frage nicht ernst genommen wird, kommt es sich dumm und gesellschaftlich untergeordnet vor und verliert die Motivation, Fragen zu stellen und sich dadurch selbstständig weiterzubilden. Dieses Fragerecht ist in drei 3 Stufen eingeteilt. Leider kann ich an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen (siehe „Der Tagesspiegel“ vom 23.5.25).

Es gibt an der Berthold-Otto-Schule das Fach Glück. Es wird von zwei in diesem Fach ausgebildeten Lehrerinnen den Kindern in drei Klassen (3., 5., 7.) nahegebracht. Angewandt werden „Erkenntnisse der Neurobiologie – Grundlage der sogenannten ‚positiven Psychologie‘“. Die Kinder setzen verschiedene Brillen auf, begeben sich in verschiedene Möglichkeiten des Handelns, wie Jammer, Neid oder Opfer mit der Schwarzen Brille. Mit der Bunten Brille, die auch Chancen-Brille genannt wird, kann die Chance für Neues ergriffen werden und mit der Dankbarkeits-Brille kann ausgewählt werden, was stattdessen in Frage käme. Die Perspektiv-Brille kann zur positiven Sicht und zum Handeln führen.

Fritz Karsen, von dem wir wissen, dass er leider nur für kurze Zeit in der ehemaligen Hauptkadettenanstalt eine Schule leiten konnte, sagte 1924 beim pädagogischen Kongress München über die Berthold-Otto-Schule:
„Wenn wir in Berthold Ottos Hauslehrerschule in Großlichterfelde gehen, so hat man das Gefühl, als kämen wir aus einem Reiche feinst durchdachter, um nicht zu sagen, ausgeklügelter Methoden, die den Geist zu selbsttätiger Arbeit führen sollen, in einen stillen klaren Bezirk, der ganz beherrscht ist von dem Vertrauen zur vorhandenen Selbsttätigkeit des Kindes und seinem Werden, von Geduld und Wartenkönnen. Berthold Otto weiß, dass die wahre Arbeit des Menschen aus seinem Lebensbedürfnis, seinem Arbeitsbedürfnis entspringt. So hat er versucht, mit wundervollem Radikalismus die Schule ganz auf dem elementaren Bildungstrieb des Kindes aufzubauen.“

alle Fotos: Berthold-Otto-Schule